«Ich habe das Gefühl, dass ich ehrlicher spiele, wenn ich mitsinge.»
Am BeJazz Winterfestival präsentiert der Berner Gitarrist Dimitri Howald sein neues Solo-Album «Southern Return» live. Tropicalismo trifft auf New Wave, Jazz-Impro auf Grunge.
Wie vielfältig Jazz ist, zeigt sich ja schon daran, dass es «den Jazz» eigentlich gar nicht gibt. Ein Blick ins Programm des diesjährigen BeJazz Winterfestivals führt das beispielhaft vor Augen. Dort finden in den Vidmarhallen einige der spannendsten Formationen der nationalen und lokalen Szene zu einer konzentrierten, reichhaltigen Portion Jazz zusammen – vom klassischen Quartett des Berner Jazz-Urgesteins Donat Fisch bis zu den einzigartigen, groovigen Xala-Klängen Ania Losingers.
Eine Klangfusion der eigenen Art
Im Rahmen des Festivals tauft auch Dimitri Howald sein neues Album «Southern Return». Der Berner Gitarrist hat darauf unterschiedlichste Spielarten und Stile zu einer ganz eigenen Mischung fusioniert: «Es ist ein sehr persönliches Album, worauf all meine wichtigen Einflüsse Platz finden», sagt Howald. Die reichen von jugendlichen Grunge-Einflüssen bis zu New-Wave-Beats von Bands wie Joy Division. Ein weiteres wichtiges Element ist die brasilianische Musik, insbesondere die Tropicalismo-Bewegung der 1960er- bis 80er-Jahre. Dazu kommt die Jazz-Improvisation, und hinsichtlich Klangflächen auch Ambient.
Das Ergebnis: Ein Klang der Vielfalt, der aber nie desintegriert. Die Musik hat Howald über eine Zeitspanne von ungefähr drei Jahren komplett selbst geschrieben, aufgenommen und produziert. «Eigentlich bin ich ja Gitarrist, aber es hat mir grossen Spass gemacht, mit einem eher naiven Zugang Schlagzeug zu spielen und die Drumbeats zu programmieren.» Auch Bass-, Orgel- und Synthie-Klänge hat er selbst eingespielt.
Songs wie Puzzles
Was beim Hören des Albums auffällt: Howald singt respektive summt an vielen Stellen seine auf der Gitarre gespielten Melodien unisono mit. Was steckt dahinter? «Das mache ich eigentlich schon länger», sagt er. «Aber der brasilianische Einfluss hat mich sicher ermutigt, es noch mehr zu machen. Ich habe das Gefühl, dass ich ehrlicher spiele, wenn ich mitsinge.» So komme es nicht vor, dass seine Finger einfach irgendwelchen bekannten Patterns folgen. Auch beim Improvisieren könne das sehr spannend sein.
Wie die Melodien im Einzelnen jeweils genau entstehen, vermag Howald nicht immer so klar zu sagen – «vermutlich ist das ein bisschen wie bei der Frage nach dem Huhn und dem Ei. Oft kommt es vor, dass mir unterwegs eine Melodie oder ein Fragment einfällt.» Dann singt, summt oder pfeift er sie und nimmt ein Memo auf. «Ich habe eine ganze Sammlung voller kurzer Schnipsel. Beim Komponieren oder Produzieren höre ich dann in diese Memos.» Einige Songs des neuen Albums hätten sich entsprechend wie Puzzles zusammengesetzt.
Bei der Plattentaufe spielt Howald zusammen mit der «Amnis Band», bestehend aus Antonio Schiavano, Flo Reichle und Stefan Schischkanov im Quartett, die Live-Umsetzung wird nahe an den Aufnahmen sein – eine Eins-zu-eins-Kopie soll es aber nicht werden: «Die Bandmitglieder sollen sich ja auch frei mit dem Material bewegen können.» So wird die schon äusserst facettenreiche Musik live noch einmal ein Stück vielfältiger.
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// Vidmarhallen und BeJazz Club, Bern. Do., 16., bis Sa., 18.1.
- Dimitri Howald & the Amnis Band: Sa., 18.1., 18 Uhr