Hier gehts nach Utopia
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Bühne Begegnungen
Veröffentlicht am 03.06.2024
Denise Tuna
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Was wäre, wenn die globalen Probleme unserer Zeit gelöst wären? Und wie kommen wir dahin? Die Antworten auf diese Fragen ermittelt Theatermacher und Spiele-Autor Bene Greiner in seinem interaktiven Projekt «17 Welten». Die 17 Welten basieren auf je einem Ziel für nachhaltige Entwicklung der UNO, die idealerweise bis 2030 erreicht werden sollen. Als Reiseleiter August führt Bene Greiner in einem theatralischen Gesprächsformat durch Gedankenreisen in 17 Parallelwelten. Die Ideen der Reisegruppen setzt Greiner nachhaltig mit einem Kartenspiel um. Im Botanischen Garten stehen neue Abreisedaten an.

Bene Greiner, als Reiseleiter der «17 Welten» führen Sie die Menschen durch eine Alternativwelt ihrer Wahl. Im Auswahlkatalog findet man beispielsweise eine Welt mit vollkommener sozialer Gerechtigkeit oder eine Welt ohne Armut. Sie haben alle 17 Welten bereist. Welche dieser Reisen ist am einfachsten?

Bene Greiner: Das lässt sich nicht pauschal sagen, das ist nämlich stark abhängig von der jeweiligen Person, die reist. Die Reise wird umso einfacher, je grösser die Lust der reisenden Person ist, sich auf die Welt einzulassen.

Und wie schaffen Sie es, dass die Mitspielenden sich in diese andere Welt begeben? Oder anders gesagt: Wie kann man sich eine Utopie vorstellen, ohne mit Realismus-Argumenten zu trotzen?

Ganz zu Beginn ist es wichtig, die Bereitschaft zur Reise vorab zu wecken und klarzustellen, dass es sich um eine Gedankenreise handelt. Und dass alles, was passiert, auch vertraulich bleibt. Denn letztlich ist eine Universalreise immer etwas Persönliches. Die Teilnehmenden fantasieren, wie sie sich selbst in einer Utopie verhalten würden, in der ein bestimmtes Ziel bereits erreicht wurde.

HKB Theater - 17 Welten, Agentur für Universalreisen (und andere Spaziergänge) – ein spielerisches Gesprächsformat für den öffentlichen Raum von Bene Greiner.
© Ben Zurbriggen Fotografie
ben-zurbriggen.ch
Als Reiseleiter August führt er durch die 17 Welten: Bene Greiner. © Ben Zurbriggen

Ergibt es denn überhaupt Sinn, diese utopischen Welten zu trennen? Die Ziele bedingen sich doch gegenseitig: Eine Welt ohne Armut wird ja wohl auch eine sozial gerechtere Welt sein.

Ja, die Ziele bedingen sich auf jeden Fall. Das ist auch das Schöne daran, dass alles miteinander verknüpft ist und kleine Veränderungen grosse Auswirkungen haben können. Sich fürs Erste nur auf ein Ziel zu konzentrieren, macht die Utopie aber greifbarer. Eine Utopie verstehe ich als erdachte Wirklichkeit, als Vorstellung, die Kraft gibt.

Wir sollten in der Sprache sorgfältig werden und das Aktive betonen, damit die Ohnmachtsgefühle schwinden.
— Bene Greiner, Künstler und Reiseleiter

Eines der 17 Nachhaltigkeitsziele ist das Wirtschaftswachstum. Steht das nicht in Widerspruch zu Zielen wie der Beseitigung von Armut und Hunger? Kann das kapitalistische System, das nicht auf Verantwortung und gerechte Verteilung ausgelegt ist, zu sozialer Gerechtigkeit führen?

Tatsächlich ist das Ziel mit dem Wirtschaftswachstum das meist kritisierte. Es scheint fast absurd, überhaupt von nachhaltigem Wachstum zu sprechen. Anstelle von Wirtschaftswachstum spreche ich deshalb von Wirtschaftsentwicklung. Für «17 Welten» habe ich einige Begriffe umformuliert: Ein anderes Beispiel ist Klimagestaltung statt Klimawandel. Und negativ formulierte Ziele habe ich positiv umgewandelt: Aus kein Hunger wurde gesunde Ernährung für alle. Ich finde es hilfreicher, sich auf Wünsche und Ziele zu konzentrieren, statt auf Leerstellen. Wir sollten in der Sprache sorgfältig werden und das Aktive betonen, damit die Ohnmachtsgefühle schwinden.

Die 17 Welten zeigen auch auf, wie unsere reale Welt eben nicht ist. Wie hat Ihr Publikum die Reise verkraftet?

Bisher sind alle gut an- und zurückgereist. Die meisten mit mehr Zuversicht als zuvor. Mich beeindruckten dabei besonders die menschliche Vorstellungskraft und die Erkenntnis, dass mehr Gemeinsamkeiten bestehen als gedacht. Der Wunsch nach weniger Bewertung und mehr Gemeinschaft tauchte immer wieder auf.

Und wie kann Ihr Projekt die Welt retten?

Ideen der Teilnehmenden halte ich in einem Kartenspiel fest. Jede Spielkarte enthält eine Mission für eine nachhaltigere Welt, die sich im Alltag umsetzen lässt. Nach Vollendung der Mission kann die Karte an eine andere Person weitergegeben werden. So kommen die Ideen in Umlauf und können unsere Gesellschaft verändern. «17 Welten» ist also ein echtes Gesellschaftsspiel.

// Botanischer Garten, Bern

Sa., 8., und So., 9.6., 14 und 17.30 Uhr

www.boga.unibe.ch

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