Erinnerungen zu verkaufen
von Berner Kulturagenda Ein Gedicht von Firas ShamsanDer Klang eines Auktionshammers ertönt
Jemand ruft aus:
«Erinnerungen zu verkaufen zum höchsten Preis»
Eine Reihe von Flüchtlingen steht in einer endlosen Schlange
Die Auktion beginnt mit Kindheitserinnerungen
Einsamkeit erzielt den höchsten Preis
Der Verkäufer muntert wieder auf:
«Erinnerungen zu verkaufen zum höchsten Preis»
In der Auktion geht’s nun um Freunde
Niemand kauft sie
Sie verkauften die Freundschaften bereits zum Schrottpreis
Der Verkäufer ruft «Wer nimmt die Freunde gratis?»
Es herrscht Stille. Niemand kauft.
Erinnerungen zu verkaufen zum höchsten Preis
Die Flüchtlingsreihe beginnt zu verblassen
Ihre Träume verschwinden zuerst
Dann verschwinden ihre Gefühle
Nichts, was sie verkaufen könnten ... sogar ihren eigenen Körper nicht
Erinnerungen zu verkaufen zum höchsten Preis
Ein Pass, mit dem Sie nicht einmal die Hölle betreten können.
Ein abgelehntes Asyldokument.
Die Überreste eines Männerkleides, dessen Träger vom Meer verschlungen wurde.
Diese Überreste sind das Letzte, an welchem sich seine Frau festhält.
Erinnerungen zu verkaufen zum höchsten Preis
«Zum Ersten – zum Zweiten – zum Dritten»
Der Klang eines Auktionshammers ertönt
Nur die Angst und der Terrorismus sind diejenigen, die ihre Hände erhoben um zu kaufen.
Aber zum billigsten Preis
Eine menschliche Seele wird an die Türen der Botschaften geworfen.
An einem Trennungszaun zwischen Europa und Afrika.
Zwischen dem Meer und den Menschenschmugglern
All diese Erinnerungen gingen verloren
Und die Auktion wurde geschlossen ohne Ertrag
Es gibt keine Erinnerungen mehr, die es wert sind, verkauft zu werden.
Lesen Sie hier das Interview mit Firas Shamsan.