Der letzte seiner Art
von Tabea Andres Wie sinnvoll ist es, wenn der Mensch eingreift, um ausgestorbene Tiere und Pflanzen neu zu erschaffen? Am Podiumsgespräch «Die Wiederbelebung eines Nashorns» debattieren Expert*innen aus Biologie und Philosophie im Naturhistorischen Museum Bern.Er war ein Prachtexemplar und hatte ein Tinder-Profil, für genügend Nachkommen hat es trotzdem nicht gereicht: Sudan, der letzte nördliche Breitmaulnashornbulle, musste 2018 in Kenia im Alter von 45 Jahren eingeschläfert werden. Seither arbeitet ein internationales Forschungsteam rund um den Wissenschaftler Thomas Hildebrandt daran, seine Art wiederzubeleben. Dafür müssten die zwei einzigen noch lebenden weiblichen Tiere, Sudans Tochter Najin und seine Enkelin Fatu, mit eingefrorenen Spermien von nicht mehr lebenden Breitmaulnashornbullen befruchtet werden. Dass das unsichere Projekt ein Wettlauf gegen die Zeit ist, versteht sich von selbst.
Flüchtige Begegnung
Der Künstlerin Alexandra Daisy Ginsberg ist es hingegen bereits gelungen, Sudan zurückzuholen – wenn auch nur für einen flüchtigen Moment. Im Naturhistorischen Museum Bern können Besucher*innen zuschauen, wie eine lebensgrosse Projektion des Tieres vorsichtig den Raum erkundet. Zuerst verpixelt, wird es immer mehr zum verblüffend echten Hologramm, um dann wieder zu entschwinden. «The Substitute» heisst die schmerzhaft schöne Installation der britisch-südafrikanischen Künstlerin. Zu sehen ist sie im Rahmen der Ausstellung «Weltuntergang – Ende ohne Ende». Neben dem Verschwinden des Nashorns stösst Ginsberg auch Fragen zum globalen Massensterben an, dem täglich Tausende von Tier- und Pflanzenarten zum Opfer fallen.
Lebensräume schwinden
Doch wie sinnvoll ist es, wenn der Mensch eingreift, um ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten wieder zu erschaffen, während er gleichzeitig deren Lebensräume zerstört? Diese und weitere Fragen diskutiert die Kuratorin Dora Strahm unter anderem im Podiumsgespräch «Die Wiederbelebung eines Nashorns» mit Tierparkdirektorin Friederike von Houwald, Philosophin Aline Stadler und Mammutspezialist Heinz Furrer. Sollten die entsprechenden Ressourcen und Gelder nicht eher in den Schutz noch bestehender Arten investiert werden?
Nach dem Untergang
Gibt es überhaupt noch Platz auf der Erde für alle Lebewesen? Und werden sie zurückkommen, die Mammuts? Durch den Abend navigiert der Wissenschaftsjournalist Beat Glogger. Der Anlass ist für das Publikum kostenlos, die Ausstellung «Weltuntergang – Ende ohne Ende» steht den Podiumsgästen am Abend ebenfalls offen.