Pegelstand
Barbara Boss
Barbara Boss ist freischaffende Produktionsleiterin und Dramaturgin. Sie ist ein «Bärgmeitschi» aus dem Oberland, fühlt sich aber in der Stadt Bern heimisch. Sie mag guten Schnaps, Bruce Springsteen und Katharsis im Theater.
Am Reitschulfest vibrierte der Vorplatz. Die Herzen sangen unisono: «I boue mir myni Tröim uuf rund um di, u male se scharlachrot aa!» Keine andere Band hätte die Menge in so viel Zauber und Wärme einen können wie Patent Ochsner. Für immer uf di, Rittschuel. Auf dass Du ewig bleibst, wenn uns nichts dazwischen kommt. Wie persönliche Empfindungen, die sich zu politischen Haltungen verkrampfen. Ohne Bereitschaft zum Dialog. Ohne Akzeptanz oder Anstand. Dagegen trägt mich in dieser Nacht die Überzeugung, dass ein Gemeinsam nur dann funktioniert, wenn alle irgendwo ihren Raum finden dürfen –zum Sinnschaffen, zum Sein.
Am Gugus Gurte funkelte die inklusive Futura Fantastica in allen Augen. King Pepe sang «Mönsch sy isch ja so was vo passé». Das Kollektiv an Glimmerwesen bewies tanzend das Gegenteil und hauchte auf der Grandpalais-Terrasse den kühnsten Träumen Wirklichkeit ein. Auf dem glitzernden Heimweg stadteinwärts dann die Gewissheit: Die Heitere Fahne ist heute schon Kulturfreiraum der Zukunft.
In diesem Sinne: Haltet die Liebe hoch. Und die Hoffnung. Und das Miteinander. Und die vielen Räume, die in dieser Stadt mit Herzblut und Hartnäckigkeit für Kultur geschaffen werden. Und wenn die Kultur mal wieder laut ist, liebe Nachbarinnen und Nachbarn – ruft nicht gleich die Polizei. Kommt auch tanzen. Oder ruft die Polizei und kommt dann mit denen tanzen. Bald sind wir wieder drinnen und leiser. Versprochen.
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