In Bachs Musikkammer
von Stephan Ruch Er schrieb einst Vivaldis Streichkonzerte für Cembalo um, Johann Sebastian Bach bearbeitete aber auch immer wieder sein eigenes Werk. Und bis heute arrangieren es andere um, so auch Heribert Breuer. Die Bachwochen Thun widmen sich Bach-Bearbeitungen.Antonio Vivaldi war ein Shootingstar: Die Werke des venezianischen Musikers und Komponisten verbreiteten sich im frühen 18. Jahrhundert wie ein Lauffeuer in Europa. Zahlreiche Komponisten liessen sich von dessen neuem, aufregendem Stil inspirieren. So auch der junge Johann Sebastian Bach, der erstmals 1713 in Weimar manche von Vivaldis Streichkonzerten für ein Solo-Tasteninstrument transkribierte.
Der Cembalist und künstlerische Leiter der Bachwochen Thun, Vital Julian Frey, interpretiert nun im Rahmen des Festivals eine der heute berühmtesten Bearbeitungen – das Concerto D-Dur für Cembalo solo BWV 972 – am Konzert «Bachs Bibliothek». Daneben bringt er zusammen mit dem Bündner Orchester le phénix weitere Kompositionen, die den Weg in Bachs Musikkammer gefunden haben, zum Klingen. Darunter befinden sich die «Sonata a cinque g-Moll» von Tomaso Albinoni oder die «Ouverture Nr. 3 e-Moll» von Johann Bernhard Bach, einem Cousin Johann Sebastians.
Zum Finale ein Feuerwerk
Unter den insgesamt neun Konzerten der Bachwochen Thun gibt es noch zwei weitere mit hörenswerten Notenbearbeitungen: einerseits «Goldberg à sept», an dem sieben Musiker*innen des Berner Symphonieorchesters in der Kirche Amsoldingen eine Septett-Fassung von Bachs Goldberg-Variationen, arrangiert von Heribert Breuer (*1945), als Schweizer Premiere präsentieren; andererseits die Aufführung von Bachs monumentaler «h-Moll-Messe», die sich zum grössten Teil aus Bearbeitungen von bereits bestehenden Kompositionen – in diesem Fall eigener, früher komponierter Messteile und Kantatensätze – zusammensetzt. Die Messe, Bachs letzte sakrale Vokalkomposition, ist ein virtuos-polyphones Klangfeuerwerk, das in der Stadtkirche Thun ein Solist*innenquartett (Julia Kirchner, Sopran; Jan Börner, Altus; Raphael Höhn, Tenor; Benoît Capt, Bass), der Schweizer Jugendchor unter der Leitung von Nicolas Fink und das Berner Barockensemble Die Freitagsakademie als Festival-Abschluss zünden.