Unter Druck, über Hürden
von Vittoria Burgunder Die Ausstellung «Frauen ins Bundeshaus! 50 Jahre Frauenstimmrecht» vom Bernischen Historischen Museum und der Universität Bern handelt davon, wie es den Pionierinnen im Bundeshaus erging und ihren Nachfolgerinnen heute.Veranstaltungsdaten
Vom Bernischen Historischen Museum aus hat man den perfekten Blick auf das Bundeshaus. Lange war dies auch die Perspektive der Schweizerinnen auf das politische Geschehen: Sie sollten sich mit dem Blick von aussen als Zuschauerinnen zufriedengeben. Das taten sie aber nicht. Die Ausstellung «Frauen ins Bundeshaus! 50 Jahre Frauenstimmrecht», kuratiert von der Historikerin und Geschlechterforscherin Fabienne Amlinger, widmet sich unter anderem der Frauenbewegung, die anfangs noch viel Gegenwind zu spüren bekam, aber dann immer lauter wurde. Auch die Frage, wieso es hierzulande im Vergleich überhaupt so lange dauerte, bis Frauen politisch partizipieren konnten, wird aufgegriffen.
Den Kern der Ausstellung bilden Videointerviews mit ehemaligen und amtierenden Politikerinnen verschiedener Generationen und Parteien.
Keine Opfer
Die Protagonistinnen sprechen über euphorische Momente, aber auch über schmerzhafte Erinnerungen aus der Zeit im Amt. In der Ausstellung werden die Politikerinnen aber nicht als Opfer ihrer männlichen Kollegen dargestellt. «Es gab auch Frauen, die ihre Ellbogen ausfahren konnten», erzählt Hannah Sahlfeld, die zu den ersten Nationalrätinnen zählt, im Video. Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss etwa fühlte sich stets gleichbehandelt wie ihre männlichen Kollegen, wie sie im Videointerview sagt.
Abends als Erste heim ins Hotel
Unter welch krasser Verantwortungslast die Politikerinnen standen, wird durch die Erzählungen klar. «Du darfst nicht versagen, sonst gehen die Tore für andere Frauen zu», sagte sich Elisabeth Kopp, als sie 1984 die Wahl zur ersten Bundesrätin annahm. Und Sahlfeld erinnert sich an Regeln, die sie sich im Wissen auferlegte, dass für sie als Politikerin der kleinste Skandal das politische Aus bedeutet hätte: «Keinen Tropfen Alkohol. Abends immer als Erste heim ins Hotel gehen. Nie mit einem Mann alleine ausgehen. Mehr zuhören als reden.»
Nicht grundlos war Sahlfeld auf der Hut. Immer wieder finden sich Referenzen auf den medialen Umgang mit weiblichen Politikerinnen.Der Brunner-Skandal von 1993 etwa, er wird in der Ausstellung behandelt, ist Sinnbild davon. Auch wurden Frauen von der Presse gerne mit Blumenmetaphern verniedlicht. Frisuren und Kleidung der Politikerinnen waren – und sind es nicht selten heute noch – gerne im Fokus der Berichterstattung.
Der Kampf geht weiter
Am Ende schlägt die Ausstellung die Brücke ins Heute. Ist die Gleichberechtigung nun erreicht? Über den Bildschirm können Besuchende vorbereitete Fragen auswählen, die die Politikerinnen im Video beantworten. Zum Beispiel dazu, was sie von einer Frauenquote halten.
Und das Bernische Historische Museum, stellt es mit dem Ausstellungstitel «Frauen ins Bundeshaus!» eine Forderung? Projektleiterin Lisa Schlittler meint: «Es kann als solche verstanden werden – der Kampf der Frauen im Bundeshaus ist schliesslich nicht vorbei und wir alle können etwas tun.»